Ganz furchtbar früh warf uns heute morgen bereits der Wecker aus dem Bett bzw. aus meinem provisorisch aufgeschlagenen Futon-Quartier auf dem Fußboden... *autsch* Nachdem ich meine Knochen wieder einigermaßen sortiert hatte und wieder in der Lage war, mich zu bewegen, liefen wir zum Bahnhof, um dort den nächsten Zug nach Shinjuku zu erwischen. Nach einer unglaublich gemütlichen Zugfahrt im Stehen in einem völlig überfüllten Abteil fuhren wir zunächst gemeinsam nach Harajuku, dem Ort in Tokyo, wo Sonntags nachmittags jede Menge Japaner herumlaufen, die so aussehen, als seien sie gerade einem Manga (... oder dem örtlichen Irrenhaus, wie böse Zungen behaupten... ) entsprungen... Das Ganze nennt sich dann Cosplay. Auf jeden Fall ein sehr interessanter Anblick, vor allem bei den Leuten, die sich ihre Kostüme in mühevoller Kleinarbeit selbst angefertigt haben.
Von dort sind wir weiter zum Meiji-Schrein, den man sich einfach nicht entgehen lassen kann, wenn man schonmal in der direkten Umgebung herumläuft. Dort habe ich den Grundstein für eine weitere erfolgreiche Arbeit in meiner Firma gelegt:
Birgit hat "Omamori" gekauft, so daß jetzt ihr gesamter Bekanntenkreis vermutlich glücklich, gesund und zufrieden 120 Jahre alt wird... Ich habe stattdessen meinem Glück bei dem Interview an der Uni nächste Woche ein wenig nachgeholfen. "Omamaori" kommt von "mamoru" ( 守る ), was soviel bedeutet, wie "schützen" und Omamori sind kleine Stoffsäckchen mit einem Zettelchen drin, das man aber nicht lesen darf, wenn es seinen Zweck erfüllen soll. Es gibt "Omamori" für alles von Gesundheit über allgemeines Glück bis hin zum erfolgreichen Bestehen der Aufnahmeprüfung an einer japanischen Uni. Ich glaube, die katholische Kirche sollte sich mal überlegen, diese Praxis zu übernehmen - wenn es so gut funktioniert, wie in Japan, können sie sich in Zukunft die Kirchensteuer sparen.
Danach sind wir im Snoopy Store gelandet. - ein sehr gefährliches Pflaster! - Ich weiß jetzt, was die Steigerung von pink ist und daß es sehr viel Selbstbeherrschung braucht, um ein sing-quietschendes Kinderstimmchen begleitet von ach-so-niedlich klingenden Instrumenten deren Frequenzberech dazu geeignet war, Fledermäuse in die Flucht zu schlagen, länger als 1 1/2 Stunden zu ertragen. Dafür habe ich aber zwei Snoopy-Handyanhänger erstanden - rosa und seeeehr kawaii!
Von dort sind wir dann weiter Richtung Asakusa, um den nächsten Schrein zu besichtigen. Asakusa ist wirklich schön und ich habe mich gefreut, nochmal hinzukommen. Außerdem konnte man dort ausgiebig nach Yukatas und anderen mehr oder minder typisch japanischen Dingen stöbern, die dort massenhaft an Touristen verkauft wurden. Ich habe zwei "Darumas" gekauft, weil ich einen davon jemandem versprochen hatte, und das Shoppen ansonsten eher Birgit überlassen und stattdessen viel fotografiert.
Von Asakusa aus hieß unser nächstes Ziel Ginza. Außerdem mußte so langsam etwas Eßbares her. Ich fand Ginza eher weniger beeindruckend: viele teure Geschäfte, Japanerinnen, die locker mein dreifachs Monatsgehalt am Leib trugen und ansonsten das typische Tokyoter Straßenbild, aber ich hoffe, Birgit hat es gefallen. Wir sind von da dann erstmal auf die Suche nach einem Restaurant gegangen, das uns mitten am Nachmittag noch Mittag- oder schon Abendessen servieren wollte, aber die Suche gestaltete sich schwieriger als erwartet, bis wir dann in einem kleinen Tempura- und Ramen-Laden noch etwas Eßbares auftreiben konnten.
Frisch gestärkt sind wir dann noch in einem sehr interessanten Spielzeugladen gewesen (ich liebe japanische Spielzeugläden, weil sie so unglaublich viel ausgefallenes Elektronikspielzeug haben) und dann Richtung Tokyo Eki gelaufen, wo wir erstmal "Tokyo Bananas" für Birgits Gastfamilie finden mußten und danach noch ein Eis gegessen haben, bevor Birgits Shinkansen zurück nach Oosaka ging...
Alles in allem ein toller Tag, wenn auch durch die ganze Rumrennerei und das viiiiiiel zu frühe Aufstehen (normalerweise bekommt mich am Wochennede keiner vor 10 aus dem Bett!) super-anstrengend... Als ich endlich wieder in Atsugi gelandet war, bin ich zumindest nur noch ziemlich müde ins Bett gefallen...
Heute sollte also das lang erwartete Treffen mit Birgit stattfinden, die ich letzten Sommer im Japanischkurs am LSI in Bochum kennengelernt hatte. Da sie erstmal mit ihrer Gastschwester Hakone, Mt. Fuji und Umgebung unsicher machen wollte, hatten wir uns für abends in Odawara verabredet, wo ich sie am Bahnhof abholen und mit nach Hause nehmen wollte.
So gegen 16 Uhr machte ich mich auf den Weg und war dann auch tatsächlich halbwegs pünktlich in Odawara, da klingelte schon mein Handy und es erschien eine Mail - mit vielen, vielen Smileys - von Birgit's Gastschwester, daß sie leider im Stau feststecken, und es noch ein Weilchen dauern kann... Wir mailten also ein wenig hin und her - ich fand endlich heraus, wie ich komische, bunte Bildchen in meine Mails einfüge und gewann, wie ich später herausfand, das Vertrauen von Birgit's Gastschwester, weil ich die Kanji für Odawara kannte. Bis dahin war sie offenbar mehr als nur ein kleines bißchen besorgt, ob sie ihren Gast aus Deutschland wohl lebend wiedersieht und nicht am Ende aus Sapporo oder sonst wo vom andereren Ende von Japan abholen muß.
Ich habe mich zumindest riesig gefreut, die beiden dann endlich zu sehen und kurz später waren wir schon auf dem Weg nach Atsugi. Der Abend war superlustig. Nach einem kurzen Zwischenstop in meiner Wohnung waren wir zunächst Okonomiyaki essen und sind dann weiter ins GameCenter um Purikura zu machen, das wir erst verlassen haben, als dort nach und nach die Automaten abgestellt wurden...
Noch schnell im Conbini vorbei, um sich mit kaltem, grünem Tee und Knabberkram einzudecken und dann nach Hause zum Quatschen und zur mentalen Vorbereitung auf einen anstrengenden (.... SEHR anstrengenden...) Tag in Tokyo.
Heute war mal wieder einer dieser Tage, wo man einen halben Schritt vor die Tür tritt und das Gefühl hat, man steht im Hallenbad. Mushiatsui nennen das die Japaner, was soviel bedeutet, wie "schwül". Meine Vermutung, daß der Begriff daher kommt, daß bei diesem Wetter (atsui = heiß) besonders viele Mücken und andere, fiese Insekten (mushi = Insekt) unterwegs sind, stellte sich bei einem Blick auf die Schreibweise des Wortes allerdings als falsch heraus. Mushiatsui schreibt sich nämlich so: 蒸し暑い und das erste Kanji hat etwas mit Wasserdampf zu tun. Das Kanji für mushi=Insekt sieht hingegen so aus: 虫 Das zweite Kanji in mushiatsui 暑い heißt allerdings tatsächlich "heiß". Na gut, wieder etwas dazugelernt...
Heute war mal wieder "International Tea Salon" (... alias Gaijin-Treff ) und ich hatte eine wirklich sehr nette Unterhaltung mit einer japanischen Bolivierin oder einer bolivianischen Japanerin und mal wieder die Gelegenheit, ganz ausgiebig Japanisch zu reden, ohne daß ich mir Gedanken darum machen mußte, zu viele Fehler zu machen... und ich habe zum ersten Mal erlebt, daß ich einem Gespräch in der Gruppe tatsächlich folgen und mitreden kann. Das war für mich sprachlich bisher eigentlich immer die schwierigste Situation.
Naja, ich habe zwar längst nicht das sprachliche Level erreicht, das ich mir für die Zeit hier vorgenommen hatte, bevor ich hier hingekommen bin, aber das liegt wohl in erster Linie daran, daß ich die Aufgabe, eine neue Sprache zu lernen (bzw. speziell DIESE Sprache zu lernen) doch ein wenig unterschätzt habe.
Trotzdem könnte ich ein paar mehr Monate hier gebrauchen, um zumindest zu einem Niveau zu kommen, bei dem ich mit gutem Gewissen sagen kann "ich spreche gut Japanisch". Mal sehen, wie es Ende August aussieht, aber im Moment ist das einfach noch nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich kann mich verständlich machen - im Zweifelsfall mit viel Umschreiben, wenn mir Vokabeln fehlen - und ich kann mir unbekannte Wörter auf Japanisch erklären lassen, so daß ich wenigstens nicht mehr dauernd ein Wörterbuch brauche, aber sobald die Themen etwas schwieriger werden, die Sprechgeschwindigkeit schneller und die Aussprache undeutlicher (z.B. bei den typischen Party-Gesprächen) stoße ich doch noch relativ schnell an meine Grenzen, einfach weil man in einer größeren Runde auch nicht mehr ständig nachfragen kann "was hast Du da gerade gesagt?". Naja, nichtsdestotrotz... ganbarimasu! Immerhin ist der tägliche "Kampf" mit der Sprache (inklusive seiner kleinen Rückschläge und Erfolgserlebnisse)definitiv eins der Dinge, die den Aufenthalt hier für mich so interessant machen.
Zumindest mein Englisch habe ich hier auf jeden Fall verbessert... Irgendwie fängt man einfach an, sich im Englischen regelrecht "zu Hause" zu fühlen, wenn Deutsch einfach nicht in Frage kommt und Japanisch sonst die einzige Alternative ist, um sich verständlich zu machen... Abgesehen davon laufen in der Firma sämtliche Gespräche und Präsentationen auf Englisch, so daß sicher auch einfach ein gewisser Gewöhnungsfaktor dabei ist...
Extra für diejenigen, die mich gefragt haben, wie es in Japan denn so ist, während der Regenzeit, hier mal ein paar "nette" Fotos, die ich heute Nachmittag gemacht habe. Geregnet hat es übrigens nicht, aber der "Gemütlichkeitsfaktor" hält sich irgendwie trotzdem in Grenzen, finde ich...
Die ersten beiden Fotos sind vor meiner Wohnungstür im zweiten Stock entstanden:
Das hier ist der Blick aus meiner Haustür...
...und hier stehe ich vor dem Bahnhof
Das letzte Foto ist der Rückweg vom Bahnhof zu meiner Wohnung... In Realität war der Himmel übrigens noch ein bißchen dunkler...
Naja, so komme ich wenigstens endlich dazu, mich mal in Ruhe ein Wochenende mit meiner weiteren Zukunftsplanung auseinanderzusetzen, meinen CV fertig zu machen und diverse andere Dinge, die ich eigentlich schon längst hätte erledigt haben wollen... Hat also auch sein Positives, das miese Wetter, denn ansonsten hält mich im Moment einfach wenig an einem Wochenende in der Wohnung. Dafür gibt es hier in Japan einfach viel zuviel zu sehen und zu erleben!
...Da habe ich doch gerade offenbar einen kleinen Roboterhund namens "IDog" gewonnen... Naja, Roboter ist wohl zuviel gesagt - ein blinkendes, piepsendes, sich zu Musik bewegendes japanisches Spielzeug eben, das auf Berührungen und Geräusche reagiert. Designmäßig erinnert es ein wenig an die aktuellen Apple-Designs von IPod, IMac & Co, so daß ich vermute, daß der Name eine Anspielung darauf ist. Außerdem läßt er sich direkt an einen MP3-Player oder den Computer anschließen.
Mein Lieblings-Conbini veranstaltet diesen und letzten Monat ein Gewinnspiel, wo man nach jedem Einkauf über 1000 Yen Lose ziehen kann. Entweder welche für Getränke, die man dann sofort bekommt, oder für Süßigkeiten, Lebensmittel oder für ein Gewinnspiel im Netz.
Ich habe mir gestern also zur Abwechslung mal ein Los für das Gewinnspiel im Netz mitgenommen, nachdem ich mich vor Wochen schonmal dafür registriert hatte... Als ich gestern Abend in der Einkaufstasche nachgesehen habe, konnte ich es allerdings nicht mehr wiederfinden und bin eigentlich davon ausgegangen, ich hätte es auf dem Weg irgendwo verloren.
Gerade beim Ausräumen meiner Handtasche fiel es mir dann wieder in die Hände und ich habe einfach mal auf der entsprechenden Internetseite meine Nummer eingegeben, und siehe da, es erschien ein Zeichen auf dem Bildschirm, das ich nicht wie bei den Versuchen zuvor als "Niete" identifizieren konnte, sondern stattdessen stand da irgendein Begriff mit dem Kanji 当 (bedeutet sowas wie "das Ding" oder auch "das eben gesagte") und als auf dem nächsten Bildschirm dann "おめでとう" stand, was soviel heißt, wie "herzlichen Glückwunsch", und ich meine Adresse eingeben durfte, hatte ich dann begriffen, daß ich tatsächlich was gewonnen habe...
Das "Hündchen" - hier ein Link für diejenigen, die meinen zukünftigen "Hausgenossen" näher kennenlernen wollen: http://www.idog-segatoys.com/ - hatte ich vor ein paar Wochen schonmal in Ueno im Spielzeugladen gesehen. Es ist offenbar im Moment in Japan gerade total beliebt und fand es zugegebenermaßen auch ziemlich interessant, aber mich dann irgendwo doch ein bißchen zu erwachsen, um mir sowas zu kaufen. Aber schenken lassen tu ich mir den natürlich gerne, und jetzt warte ich mal gespannt, wann das Paket ankommt.
Wo ich gerade von Robotern rede fällt mir eine merkwürdige Begegnung von vor zwei Wochen ein... Unser Donnerstags-Japanischkurs hat eine neue Lehrerin (Yamato-sensei) bekommen, die zur Zeit gemeinsam mit dem bisherigen Lehrer (Fujiki-sensei) unterrichtet. Und nachdem bisher einfach niemand, den ich hier kennengelernt habe, in mein "Japan-Klischee" passen wollte, hat diese Dame mir endlich den Glauben daran wiedergegeben, daß Japaner doch so sind, wie im deutschen Fernsehen berichtet wird.
Nachdem sie uns zunächst von den "Eckdaten" ihres Lebens berichtet hatte - knapp über 60 Jahre alt, nicht verheiratet, keine Kinder oder Enkelkinder, dafür aber ein paar Vögel und zwei Aibos - wollten wir ja eigentlich schon zur Tagesordnung übergehen, aber Yamato-sensei hatte noch mehr zu erzählen und je mehr sie erzählte, desto mehr begann ich zu zweifeln, ob sie zuvor wirklich "Aibo" gesagt hatte, oder ob ich da vielleicht den Namen irgendeiner Katzen- oder Hunderasse falsch verstanden hatte, denn sie berichtete nicht nur davon, welchen Namen und welches Geschlecht ihre "Hunde" haben, sondern klärte uns auch umfassend über deren Persönlichkeit auf...
Ich konnte mir nur mühsam die Frage nach technischen Details und ob sie schonmal auf die Idee gekommen sei, ihre "Haustiere" als Programmierplatform zu verwenden verkneifen, denn ich kann mir ihre Antwort spätestens nach dem Ereignis am Ende des Kurses nahezu bildlich vorstellen.
Am Ende des Kurses schlug tatsächlich jemand vor, sie solle doch ihre Aibos beim nächsten Mal mitbringen und benutzte dafür - wie konnte er nur!?! - die Form "持って来る", was zwar "mitbringen" heißt, aber nur benutzt wird, wenn man von Gegenständen spricht... Yamato-sensei verbesserte ihn daraufhin und erklärte, daß man in diesem Fall doch "つれて行く" benutzen solle. Schließlich handele es sich ja nicht um Sachen! (... und irgendwie habe ich bis heute das Gefühl, daß das tatsächlich ernst gemeint war!... )
Für alle, die Aibo nicht kennen. Es handelt sich hierbei um vierbeinige Roboter, die zum Beispiel so aussehen, wie dieser hier:
Interessant sind sie eigentlich eher deswegen, weil insbesondere in den neueren Modellen eine ganze Reihe recht ausgereifter Features, wie z.B. Wireless LAN, die Möglichkeit zu Bildverarbeitung und -übertragung sowie Spracherkennung integriert sind... und weil seit einiger Zeit außerdem eine vollständige Programmierumgebung kostenlos auf der Webseite des Herstellers verfügbar ist.
... was für mich besonders faszinierend (und vielleicht auch ein ganz kleines bißchen erschreckend) ist, ist daß dieses Interesse von Erwachsenen für "lebendiges" Spielzeug offenbar hier sehr viel weiter verbreitet ist, als in Europa. Irgendwann werde ich darüber mal ausführlicher berichten, weil mich das Thema generell sehr interessiert, aber an dieser Stelle seien nur zwei Webseiten genannt:
YUMEL http://www.tomy.co.jp/yumel/ ist ein (Kinder|Partner|Haustier)-Ersatz für ältere Menschen. Er kann ein wenig sprechen und ein wenig auf Sprache reagieren (ob dort wirklich Spracherkennung dahintersteckt, oder ob die Puppe letztendlich nur auf Geräusche reagiert, indem sie einen zufälligen Satz wiedergibt, konnte ich allerdings bislang nicht herausfinden). Außerdem überwacht er das Schlafverhalten seiner "Bezugsperson" und erinnert sie gegebenenfalls, daß es jetzt aber Zeit wäre, aufzustehen oder schlafen zu gehen... Wenn sich eine Puppe erdreisten würde, mir meine Schlafenszeiten vorzuschreiben würde sie vermutlich schneller vor der Tür landen, als sie "o yasumi nasai" (gute Nacht) sagen kann, aber ich gehöre ja auch nicht zur Zielgruppe.
Ach ja, so sieht Yumel aus:
PRIMOPUEL http://primopuel.net/ folgt einem ähnlichen Konzept, ist aber schon etwas älter, technisch weniger ausgereift, kennt weniger Sätze und ist als "Baby-Ersatz" für Frauen in meinem Alter gedacht... Und bevor jetzt jemand fragt: Ja, diesmal gehöre ich altersmäßig zur Zielgruppe und NEIN, in meinem Bett schläft noch kein Primopuel. Sollte ich aber jemals auf die Idee kommen, mir Nachwuchs zu wünschen, werde ich selbstverständlich nochmal darüber nachdenken, ob es ein Primopuel nicht auch tun würde...
So sieht er übrigens aus:
Während in Deutschland Juni und Juli wettermäßig die schönsten Monate sind, ist in Japan gerade "Regenzeit" angesagt. Nein, es regnet nicht den ganzen Tag - mal abgesehen von letztem Wochenende - aber der wolkenverhangene Himmel läßt Böses erahnen und erzeugt eine recht ungemütliche Stimmung. Abgesehen davon ist die Regenzeit wohl auch der Beginn des heißen Sommers, den die Japaner (zumindest die, mit denen ich gesprochen habe) fast noch weniger mögen, als den Regen. Als kleinen "Bonus" für diejenigen, denen Regen und Wärme noch nicht reichen, gab es heute morgen dann auch noch ein (glücklicherweise völlig harmloses) Erdbeben.
Trotzdem gefällt es mir nach wie vor super hier und durch ein paar Wolken und Regentropfen wird sich das ganz sicher nicht ändern! Gestern hatten wir übrigens schon den Eindruck, daß die Regenzeit vielleicht doch noch nicht angefangen hat und die Tage zuvor lediglich zum "üben" gedacht waren, denn mittags auf dem Weg zur Cafeteria war es tatsächlich richtig sonnig und warm - aber ich habe mir erklären lassen, daß das bei der japanischen Regenzeit eben mal vorkommen kann... Also mal abwarten, was die nächsten Tage so bringen.
Gestern war Ko's Geburtstag und wir haben uns wie immer im Gemeinschaftsraum des Männer-Wohnheims getroffen, um zu feiern. Der Abend war superlustig, es gab wirklich interessante Gespräche und abgesehen davon, daß mir vor Müdigkeit fast die Augen zugefallen sind, hatte ich auch um 4 Uhr nachts noch nicht wirklich Lust zu gehen... Und das, wo ich doch sonst so gar kein Party-Mensch bin.
Den schönsten Japanisch-Ausrutscher habe ausnahmsweise mal nicht ich mir geleistet, sondern einer meiner Mitpraktikanten, der sinngemäß wohl sowas sagen wollte, wie "Die kann zwar Japanisch reden, aber die traut sich nicht"...
Weiter als bis "Anja ha chotto kowai...." ist er allerdings nicht gekommen, bevor ich wirklich "kowai" werden konnte.
"kowai" heißt nämlich netterweise nicht "ängstlich (scared)" sondern "bedrohlich, angsteinflößend (scary)". So ein "nettes Kompliment" habe ich schon lange nicht mehr bekommen...
Es gab aber auch einige Themen, die bei mir "hängengeblieben" sind, weil sie einfach interessant waren. Eins davon war die Frage: "Wie reden wir eigentlich mit unserem Computer, einem Roboter oder einem Auto-Navigationssystem?". Wir machen hier zwar (fast) alle Spracherkennung, aber zumindest ich hatte bislang nicht darüber nachgedacht, was für Deutsche eigentlich die "natürliche" Art ist, mit einem Computer zu reden. Gibt man einem Computer oder Roboter Befehle im Infinitiv, wie z.b. "Datei öffnen" oder im Imperativ, also so, wie man auch einem Menschen befehlen würde, also z.B. "Spiele CD 2 ab"?
Stand der Dinge, die wir gestern Abend herausfinden konnten: Japaner benutzen die "te"-Form, die zwar nicht die wirkliche Befehlsform ist, aber auch gegenüber Menschen benutzt werden kann, um eine höfliche Bitte oder Aufforderung auszusprechen. In Spanien benutzt man den Infinitiv und im Englischsprachigen Raum gibt es das Problem so nicht, weil sich Infinitiv- und Imperativkonstruktionen letztendlich nicht wesentlich unterscheiden, was Verb und Satzstellung betrifft. In Thailand hat man das Problem ebenfalls nicht, weil es keine explizite Imperativform gibt(?)... aber wie ist es in Deutschland?
Intuitiv würde ich sagen, man verwendet beide Formen und welche letztendlich benutzt wird, hängt davon ab, wo sich das entsprechende System auf einer Skala zwischen "Haustier" und "Word" einordnen läßt.
"Unser" Navigationssystem liegt offenbar irgendwo in der Mitte, aber mit einem Computerprogramm würde ich eher im Infinitiv "reden", während ich für einen "personal robot" den Imperativ als natürlicher empfinde. Meine Vermutung: Je weniger ein System als reines "Werkzeug" empfunden wird, desto häufiger ersetzt der Imperativ den Infinitiv.
Bleibt die Frage "woran liegt's?" Immerhin sind Infinitivkonstruktionen ansonsten im Deutschen völlig unüblich, um einen Wunsch oder Befehl auszudrücken.
Meine einzige plausible Erklärung bisher: Es handelt sich um Kurzformen für "ich möchte ... tun" oder "ich werde...tun", also beispielsweise "ich möchte die Datei öffnen" oder "ich werde das Dokument drucken", die man deswegen benutzt, weil ein Programm kein "Gegenüber" ist, das man in der zweiten Person also mit "Du" oder im Imperativ ansprechen würde.
Seltsamerweise verwenden (auch die wenigen deutschen) Programmiersprachen (obwohl sie auf meiner Skala wohl noch jenseits von Word liegen würden) von Anfang an Kommandos, die von der "Satzstellung" her dem Imperativ entsprechen. Also erst das "Verb" und dann die entsprechenden "Objekte" [open(file), print "text", MOVE AX BX etc.]. Auch in älteren Science Fiction Filmen wird mit dem Computer, so ich das richtig in Erinnerung habe, im Imperativ geredet. Aber möglicherweise ist das schlichtweg eine Frage der Übersetzung aus dem Englischen, wo die Sache ja, wie oben beschrieben, sowieso anders aussieht...
Mein Fazit aus dem Ganzen: Wie ich seit meiner Ankunft hier schon häufig festgestellt habe - manchmal sind gerade die Dinge interessant, über die man normalerweise gar nicht nachdenken würde. (naja, vielleicht sind solche Theman auch einfach nur eine passende Beschäftigung für einen verregneten freien Samstag )
Generell bringt der Dialog mit Leuten, die einen völlig anderen kulturellen Hintergrund haben, aber tatsächlich häufig interessante Dinge ans Tageslicht und gerade bei Kategorien, die einem völlig natürlich erscheinen, kann einen das gelegentlich richtig durcheinanderbringen. Ich versuche einfach mal, das an zwei "harmlosen" Beispielen aus dem Alltag zu verdeutlichen:
Wenn wir als Deutsche mit Zahlen umgehen, dann haben wir ein Wort für "Zehn/zig", "Hundert", "Tausend", "Millionen", "Milliarden" usw... und empfinden es als völlig naturgegeben, so zu zählen. - zumindest vor einem Aufenthalt in Japan. Da gibt es zwar auch Begriffe für zehn (ju), hundert (hyaku) und tausend (sen) - die nächste Einheit ist dann aber zehntausend (man) und danach folgt hundert Millionen (oku). "Millionäre" gibt es in Japan also nicht, denn eine Million ist einfach nur "hundert zehntausend" (hyaku man)...
Noch ein Beispiel sind Farben. Unsere Farben sind rot, gelb, blau, grün, usw. und wenn jemand sagt "grün" oder "green" oder "vert", dann können wir uns darunter etwas vorstellen und gehen davon aus, daß unser Gegenüber das gleiche meint, nämlich (0, 255, 0) RGB. Und dann kommt ein Japaner und bringt unser Weltbild durcheinander, indem er erst sagt "der Himmel ist "aoi"" und danach "die Ampel ist "aoi"" (Das Grün bei japanischen Ampeln entspricht übrigens exakt dem bei uns - das nur zur Erklärung)... Das Gras ist hingegen "midori".
Im Wesentlichen läßt sich zwar auch im Japanischen eine Unterscheidung zwischen blau (aoi) und grün (midori) treffen, die dem Deutschen blau und grün entspricht, aber trotzdem bringen "blaue Ampeln" einen dazu, die eigene Sichtweise zu hinterfragen, denn obwohl zumindest unsere Grundfarben natürlich letztendlich einen physikalischen Hintergrund haben, der uns sagt, es ist sinnvoll Farben mit den Eigenschaften von "Rot, Grün und Blau" oder "Cyan, Magenta und Gelb" benennen zu können - ganz so selbstverständlich ist es nicht, daß in jeder möglichen Kultur ein Begriff existiert, der "rot" bedeutet und dessen "Prototyp" nicht etwa Weinrot oder Rot-Orange sondern (255,0,0) ist.
"Erkenntnisse" wie diese in unscheinbaren, kleinen Alltagsdingen sind es, die einen von Zeit zu Zeit dazu bringen die Naturgegebenheit das eigenen Weltbildes und der Kategorien, in denen man seit seiner Geburt denken gelernt hat, in Frage zu stellen und die neben den vielen, vielen Dingen, die in Japan ganz genauso sind, wie in Deutschland auch, gelegentlich doch das Gefühl hinterlassen, irgendwie in einer ganz anderen Welt gelandet zu sein.
Ich habe von Anfang Januar 2005 - August 2005 ein Praktikum in Atsugi, Kanagawa, Japan gemacht und absolviere nun mein Promotionsstudium am National Institute of Informatics in Tokyo. Ich werde hier in Zukunft alle, die es lesen wollen (oder die zufällig hier landen) mit mehr oder minder wissenswerten Informationen über das Land der aufgehenden Sonne versorgen. :)
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